Energiefrage reloaded – alles wieder anders

Vor gut einem Jahr war die Energiefrage schon einmal Thema eines Beitrages. In der Zwischenzeit sind unsere Planungen natürlich ein gutes Stück weiter und die Frage nach dem richtigen System für Heizung und Warmwasserbereitung stellt sich erneut. Nachdem nun mehrere Angebote vorliegen und wir auch verschiedene Gespräche u.a. mit Fachbetrieben führen konnten, haben sich doch einige neue Aspekte ergeben. Natürlich gilt keine der folgenden Aussagen pauschal, sondern immer nur für unseren individuellen Fall!

Amortisation

  1. Solarthermie
    Der Gedanke, die Wärmepumpe durch ein Solarthermiemodul zu unterstützen klingt zunächst charmant: für mindestens 6 Monate könnte die Wärmepumpe quasi stillstehen, das Warmwasser wird zum Nulltarif über die Kollektoren auf dem Dach aufgeheizt.
    In der Praxis rechnet sich die Kombination (Luft)Wärmepumpe + Solarthermie allerdings nicht. Beide Systeme haben ihr Optimum im gleichen Zeitraum, nämlich im Sommer. Zu dieser Zeit wird aber am wenigsten Wärme benötigt. Der Anteil der Warmwasserbereitung liegt bei nur etwa 30% und das meiste warme Wasser wird nunmal in der kalten Jahreszeit benötigt – dann, wenn die Kollektoren keines oder nur sehr wenig liefern. Damit war dieses Thema relativ schnell ad acta gelegt.
  2. Wasserführender Kaminofen
    Das Prinzip ist schnell erklärt: neben der Strahlungswärme, die der Kamin direkt an den Wohnraum abgibt wird ein Teil der Wärme dafür genutzt eine in den Kamin integrierte Wassertasche zu erwärmen, die an den primären Heizungskreislauf des Hauses angeschlossen ist. Diese Energie kann dann zur Unterstützung der Heizung und/oder für die Warmwasserbereitung genutzt werden. Was das Solarthermie-Modul im Sommer erledigt würde der Kamin im Winter übernehmen.
    Auch diese Idee haben wir mangels Wirtschaftlichkeit wieder verworfen. So schön die Lösung auch klingt – die Kosten stehen in keinem Verhältnis zum Nutzen.
  3. Kontrollierte Wohnraumlüftung (KWL)
    Stattdessen kam schnell ein neuer Punkt auf die Tisch. War ich anfangs noch der Meinung, dass die KWL eine überflüssige Investition darstellt, habe ich mich doch eines besseren belehren lassen müssen. Im Gegensatz zur Solarthermie steigert eine solche Anlage die Effizienz des Gesamtsystems erheblich. Hinzu kommt, dass gerade bei den extrem dichten Häusern eine gute Durchlüftung essentiell ist, da es u.a. leicht zu Schimmelbildung kommen kann. Dies gilt im besonderen Maße in den ersten beiden Jahren, so lange der Neubau noch nicht ausgetrocknet ist. Natürlich kann man ständig über die Fenster lüften, allerdings stellt sich dann die Frage, wozu man ein hochgedämmtes Haus mit Dreifachverglasung und allem möglichen «Schnickschnack» baut, wenn die Energie im wahrsten Sinne des Wortes zum Fenster rausgeschmissen wird. Ausserdem wär’s vor allem im Winter irgendwie ungemütlich.
    Energie spart die Wohnraumlüftung dadurch, dass mit Hilfe eines Kreuzwärmetauschers bis zu 95 % der Energie aus der verbrauchten Raumluft zurückgewonnen und an die frische Zuluft abgegeben wird. Damit wird die Heizung erheblich entlastet. Ein weiterer großer Vorteil ist ein zu jeder Zeit gut gelüftetes Haus – und das auch, wenn man längere Zeit im Urlaub ist. Letztlich sorgt die kontrollierte Wohnraumlüftung einfach für ein angenehmes Raumklima, auch bei geschlossenen Fenstern. Im Sommer bleibt die Hitze draußen, im Winter die Wärme drinnen. Dank Pollenfilter können wir geplagte Allergiker aufatmen 🙂 Zusätzlich erreicht man mit relativ überschaubaren Investitionskosten eine Klimatisierung: dafür werden ca. 30m Rohr in etwa 1m Tiefe verlegt («Erdkollektor»), durch das die Frischluft angesaugt wird. Das Prinzip ist einfach: die Temperatur im Boden ist relativ konstant – im Sommer wird die warme Aussenluft vorgekühlt, im Winter bei strengem Frost vorgewärmt. Insgesamt ein erheblicher Mehrwert, wie wir finden. Und auch die Kosten-Nutzen-Rechnung stimmt. Die Entscheidung pro KWL steht damit fest.
  4. Die Wärmepumpe
    Beim Thema Heizung gab es Anfang dieser Woche eine 180° Wende. Bisher stand ausser Frage, dass wir eine monovalet betriebene Grundwasser-Wärmepumpe als Heizsystem nutzen werden. Die Voraussetzungen sind gut: Grundwasser nur etwa 5m unter Geländeoberkante, gute Grundwasserqualität, Kiesboden und auch unser kleines Grundstück wäre groß genug, um die nötigen 15m Abstand zwischen Saug- und Schluckbrunnen einhalten zu können. Wegen der hohen Effizienz von Grundwasserwärmepumpen mit Leistungszahlen von über 4,5 (d.h. vereinfacht je eingesetzter Kilowattstunde Strom erhält man 4,5kWh Wärme) fiel die Entscheidung schnell gegen die deutlich ineffizientere Luft-Wärmepumpe. Eine Gasheizung wollen wir aus verschiedenen Gründen nicht, Öl oder Pellets kamen ohnehin nie in Frage.
    Allerdings stellt das Heizsystem eine nicht unerhebliche Investition dar, weshalb eine genauere wirtschaftliche Betrachtung erforderlich ist. Und deren Ergebnis ist in unserem Fall eindeutig: die höheren Anschaffungskosten für die Grundwasser-WP amortisieren sich trotz der wesentlich höheren Energieeffizienz im Vergleich zu einer Luft-WP in keinem sinnvollen Zeitraum. Der Grundpreis für beide Systeme ist zwar annährend gleich, allerdings schlagen die Kosten für die Erschließung der Wärmequelle «Grundwasser» mit Minumum 8.000 EUR zu Buche, was bei Luft als Wärmequelle entfällt. Hier hatte ich ehrlich gesagt mit deutlich weniger gerechnet, ein erstes Angebot lag aber sogar bei 12.000 EUR. Ausserdem muss bei einer wirtschaftlichen Gesamtbetrachtung berücksichtig werden, dass die Mehrkosten zu einem guten Teil kreditfinanziert sind und man die anfallenden Zinsen einrechnen muss. Letzlich benötigt ein so kleines Haus wie das unsere zu wenig Energie, als dass der Mehrverbrauch an Strom die Mehrkosten plus Zinsen innerhalb eines überschaubaren Zeitraumes kompensieren würde.
    Ich habe mal eine schicke Excel Tabelle gebastelt, bei der man an allen möglichen Stellschrauben drehen kann und die monetären Auswirkungen der verschiedenen Parameter visualisiert bekommt: angefangen bei der JAZ der Wärmepumpen, über den voraussichtlichen Energieverbauch und die angenommene Preissteigerung beim Strom bis hin zum Kreditzins und dem Fremdkapital-Anteil der Finanzierung.

    → Excel Tabelle – Vergleich Grundwasser-WP vs. Luft-WP (XLSX, 34KB)

Damit ist die Entscheidung also zu 99% gefallen: wir werden eine Luft-Wärmepumpe mit kontrollierter Wohnraumlüftung verbauen. Die Änderungen an den Planungen sind relativ gering. Genaueres in Kürze!

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