Euphorie weicht Ernüchterung

Früher oder später muss wohl bei allen Bauherren die Phase der Ernüchterung eintreten – spätestens dann, wenn die Praxis die Theorie einholt. Und auch bei uns macht sich seit Mitte September der Frust breit: es ist ordentlich Sand im Getriebe! Von unserem Zeitplan sind wir meilenweit entfernt, bei einigen Gewerken gibt es Qualitätsprobleme und zu allem Überfluss laufen an manchen Stellen die Kosten aus dem Ruder. Da ist es also – das Trilemma des Projektmanagements zwischen Zeit, Kosten und Qualität.
Die Ursachen sind sicher vielschichtig. Zum einen scheinen sich Kreativität und strukturiertes Arbeiten gegenseitig auszuschließen. Zum anderen gibt es einfach diesen kritischen Pfad. Und mit der steigenden Anzahl von Beteiligten und deren Abhängigkeiten untereinander wird die gesamte Planung fragiler und anfälliger. Ein Blick in die mittlerweile beachtlich lange Liste der beteiligten Akteure verdeutlicht den Koordinationsaufwand. Die sehr unterschiedlichen Charaktäre hatte ich bereits im vorherigen Beitrag beschrieben. Dazu gesellen sich dann noch Fristen oder Bearbeitungszeiten, wie z.B. beim Hausanschluß. Funktioniert ein Rädchen nicht so richtig, gerät alles ins Stocken.
Beispiel gefällig? Der Einbau der Dachfenster verzögert sich. Aus diesem Grund können die Dämmarbeiten an der Innenseite des Daches nicht ausgeführt werden. Wenn aber das Dach nicht gedämmt ist, können die daran anschliessenden Trockenbauwände nicht gebaut werden. In den Trockenbauwänden sollten Dosen für Elektro- und LAN-Kabel gesetzt werden… keine Wand, keine Dose. Solange die Elektrorohinstallation nicht abgeschlossen ist können die Schlitze in den gemauerten Wänden nicht geschlossen werden. Und so weiter… Auf gut Deutsch, es geht nichts. Weil die meisten Handwerker gut ausgelastet sind bzw. am Limit arbeiten sind diese auch nicht immer sofort wieder verfügbar, wenn es irgendwo weitergeht. Wegen zwei Stunden kommt niemand auf die Baustelle… und so vergehen Tage und Wochen ohne erkennbaren Fortschritt. Als Bauherr hat man hier in München momentan auch kaum ein Druckmittel, denn man muss fast froh sein wenn man überhaupt Handwerker findet, die Kapazität haben. Kurzfristig den einen durch einen anderen zu ersetzen funktioniert nicht. Es bleibt nichts als Warten. Das kostet Nerven und am Ende Geld. 🙁
Was bleibt ist die Erkenntnis, dass es irgendwie allen so geht. Ausserdem könnte es ja noch viel schlimmer kommen – zum Beispiel wenn einer der beteiligten Betriebe plötzlich Insolvenz anmelden muss. Wir bleiben also zuversichtlich, dass auch unser Haus am Ende fertig wird. Ob nun im Dezember oder im Januar ist eigentlich auch nicht wirklich wichtig. Viel später sollte es allerdings nicht sein!

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