Der lange Weg der Optimierung
Kürzlich bin ich über ein schönes Zitat gestolpert: «einzelne Heizflächen komplett abzudrehen um Heizkosten zu sparen ist wie die Uhr anzuhalten um Zeit zu sparen.»
Will heißen – vergiss so ziemlich alles, was Du an Tipps zum Thema Heizkosten sparen gehört hast: Weder das Nicht-Heizen einzelner Räume, noch Raumthermostate oder Nachtabsenkungen funktionieren. Diese mögen für Öl- und Gasheizungen in Altbauten taugen, nicht aber für Neubauten mit Niedertemperatursystem und Flächenheizung. Hier ist es am effizientesten, das ganze Haus permanent zu heizen. Klingt komisch, ist aber so! 😉 Die durchgängig laufende Flächenheizung und damit gleichmässige Beheizung aller Flächen eines Niedertemperatursystems erzeugt ein hohes Mass an Behaglichkeit – bei niedrigem Energieeinsatz.
Zu den Eigenarten der Technik in Neubauten hatte ich mich in zwei Posts schon ausführlich geäußert (vgl. Besonderheiten moderner Gebäudetechnik — Teil 1 bzw. Besonderheiten moderner Gebäudetechnik — Teil 2. Als «Hausmeister» sollte man die im eigenen Heim verbaute Technik halbwegs verstehen – für den tieferen Einstieg und Hilfestellung bei der Optimierung einer Wärmepumpe empfehle ich das Haustechnikdialog Forum.
Meine eigene Lernkurve der vergangenen zwei Jahren ist wie ich finde beachtlich. Der Lohn des besseren Verständnisses für die installierte Technik ist in jedem Fall eine höhere Effizienz, und hoffentlich eine längere Lebensdauer der Wärmepumpe. Schön zu sehen ist das an unserer Heizkurve, die den Zusammenhang zwischen Außentemperatur und Rücklauf-Solltemperatur beschreibt:
Die rote Kurve war dabei keineswegs der Beginn der Optimierung. Das Setup bei Übergabe sah noch ganz anders aus… Inzwischen sind wir bei der grünen Kurve angelangt, wobei das Ende der Fahnenstange hoffentlich noch nicht erreicht ist. Was bedeuten diese Kurven? Während wir bei der Einstellung «rot» die Wärmepumpe bei einer Außentemperatur von 0°C eine Rücklauf-Solltemperatur von über 27,5° erreichen muss, sind es bei «grün» gut 1K weniger. Bei -12°C Außentemperatur sind es schon knapp 2K weniger. Das mag unspektakulär klingen, sind bei einem Niedertemperatursystem aber Welten. Mann muss sich nur bewußt machen, dass (bei unserer derzeitigen Heizkurve) zwischen minmaler und maximaler Rücklauf-Solltemperatur gerade mal 6K liegen – und das über eine Außentemperaturbandbreite von -20° bis +20°C. Sprich, die Heizkurve ist sehr flach. Hinzu kommt ein sinkender Wirkungsgrad von Luftwärmepumpen bei Temperaturen unter dem Gefrierpunkt – bei gleichzeitig steigendem Wärmebedarf.
Quer durch’s Haus mit dem Infrarot-Thermometer
Zurück zum Thema Optimierung. Das Ziel besteht darin, die Heizkurve so einzustellen (bzw. so lange zu senken), dass die gewünschten Raumtemperaturen im ganzen Haus gerade noch erreicht werden – wohlgemerkt ohne dabei mittels Thermostaten in die Hydraulik einzugreifen. Der sog. hydraulische Abgleich des Gesamtsystems sorgt für ein optimales Fließverhalten des Heizungswassers, so dass jeder Heizkreis so viel Volumenstrom erhält, dass die gewünschte Raumtemperatur erreicht wird.
Für den effizienten Betrieb von Luftwärmepumpen ist ein möglichst konstanter Volumenstrom entscheidend. Dabei gibt es für jede WP einen Mindestvolumenstrom, der nicht unterschritten werden darf, da anonsten die Energie nicht mehr an das Heizwasser abgegeben werden kann. Für unsere «Novelan LIC10» LWP liegt der Nominalwert bei sage und schreibe 1.800l/h. Die Spreizung – also die Differenz zwischen Vor- und Rücklauftemperatur sollte im Falle einer Flächenheizungen bei 0° Außentemperatur etwa 5-7K betragen.
Und was hat es mit dem Infrarot-Thermometer auf sich? Nun die initiale Einstellung unserer Heizung war alles andere als optimal. Der Heizkurvenendpunkt lag irgendwo bei 32°C, der Boden fühlte sich im gleichen Raum an der einen Stelle eiskalt, an einer anderen warm an. Ausserdem lief die Wärmepumpe gefühlt jedes Mal, wenn ich unseren Hausanschlussraum betrat. Die Wärmepumpe taktete, sprich sie lief zu oft und zu kurz und schaffte es dabei nicht, die Wärme sinnvoll an den Estrich abzugeben. Letzterer dient als Speicher. Wertet man das Ganze grafisch aus, sieht das in etwa so aus (so schlimm war es bei uns zum Glück nie!):
Mit Hilfe des IR-Thermometers wird der Volumenstrom an jedem einzelnen Heizkreis so eingestellt, dass die Spreizung die oben genannten 6-7K beträgt. Dies gilt v.a. für die Führungsräume, in denen sich das Leben abspielt. «Exotische Räume » wie Bad, Schlafzimmer oder Ankleide weichen davon ab: im Bad ist die Spreizung deutlich geringer (da mehr Wärme gewünscht ist), im Schlafzimmer deutlich größer, d.h. der Durchfluss wird tendenziell gedrosselt. Ja, auch die Fußbodenheizung im Schlafzimmer wird permanent mit Heizwasser versorgt – allerdings in so geringen Mengen, dass die Temperaturen bei ca. 20° liegen. Viel weniger ist schlicht nicht möglich: ein komplett unbeheiztes Zimmer sinkt ja nicht bis auf Außentemperatur ab, d.h. die Restwärme kommt aus den angrenzenden Räumen. Warm fließt zu kalt, heißt es in der Thermodynamik. Je höher der Temperaturgradient zwischen den angrenzenden Zimmern ist, desto stärker ausgeprägt ist der Effekt.
Generell sollte möglichst wenig gedrosselt werden, da dies negativ auf die Hydraulik wirkt. Andererseits gilt es hydraulische Kurzschlüsse zu vermeiden, was tendenziell bei kleinen Räumen mit wenig Rohrmetern passsieren kann. Eine kleine Sisyphusarbeit, denn das Drosseln an einem Heizkreis bewirkt mehr Volumenstrom in einem anderen. Alles häng mit allem zusammen 🙂 Der Lohn der unzähligen Messungen (über vier Stockwerke!): ein vorbildliches Taktverhalten, mit langsam ansteigendem Rücklauf, langen Heiztakten und noch längeren Pausen. 10 Heiztakte und zwei Warmwasser-Takte in 48 Stunden bei Temperaturen um den Gefrierpunkt (die Grafik stammt von unserer WP!):
Das Prinzip: das Heizwasser wärmt während eines Heiztaktes über einen längeren Zeitraum die vielen Tonnen Estrichmasse auf. In der sich an den Takt anschließenden Pause wird die Wärme langsam abgegeben. Das Ergebnis ist ein sehr homogenes Raumklima.
Soweit mein kurzer (!) Einblick. Das Thema Heizen mit Luftwärmepumpe ist eigentlich eine Wissenschaft für sich. Ich kann nur jedem empfehlen, sich mit seiner Haustechnik auseinanderzusetzten. Es lohnt sich 🙂